Kirchweih und Jubiläumsfest früher des Highlight des Jahres / Kinderkarussell und Autoscooter waren der Renner

Wegen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Einschränkungen ist die Veranstaltungsbranche nahezu stillgelegt. Das trifft auch die Altenkunstadter Kirchweih, die an diesem Wochenende ist, aber nicht auf dem Marktplatz gefeiert wird. Seit Generationen wurde dieses Fest am „Tag nach Kilian“, dem zweiten Sonntag im Juli, in Erinnerung an die Einweihung des katholischen Gotteshauses am 9. Juli 1537 gefeiert. Auf dem Marktplatz gab es seit vielen Jahrzehnten buntes Treiben mit Blasmusik, Verkaufsbuden und Kinderkarussell. In den letzten Jahren waren die Altenkunstadter Musikanten für die Ausrichtung der Festtage verantwortlich.
Wie war es vor 50 oder 60 Jahren in Altenkunstadt? Die Kirchweih stand im Mittelpunkt des Jahres. Es war das einzige Fest im Jahr, welches auf dem Marktplatz ausgetragen wurde. Das Schützenfest kam erst später. Zwischenzeitig gab es in unregelmäßigen Abständen Jubiläumsfeste mit einem großen Festzug durch die Straßen: Der jeweilige Verein feierte seine Gründung vor 50, 75 oder 100 Jahren. An ein Fest für ein 15-järiges oder 30-jähriges Bestehen war nicht zu denken.


Kirchweihtreiben auf dem Altenkunstadter Marktplatz.


Kerwa-Geld und selbstgebackene Kerwa-Krapfen
Wie erlebte die heimische Bevölkerung die Kirchweih und das Jubiläumsfest? Die Kinder freuten sich schon wochenlang vorher auf das Fest. Sie sparten darauf und bekamen Kerwa-Geld von den Eltern, Großeltern und beim Verwandtschaftsbesuch. Der Autor dieses Beitrags kann sich heute noch gut daran erinnern. Tage vorher durften die selbstgebackenen Kerwa-Krapfen nicht fehlen. Der Festgottesdienst in der Katholischen Pfarrkirche war wichtig, doch wichtiger war der Festbetrieb danach auf dem Marktplatz.


Strahlende Kinder im Kinderkarussell
Die Kleinen liebten das Kinderkarussell, die Größeren den Autoscooter. Welche Freude konnte man in den Kindergesichtern erblicken! Bei jeder Runde wurde zugewunken, die Eltern waren stolz, wenn der kleine Sprössling auf dem Pferd oder im Auto sich alleine festhalten konnte. Wer kann sich noch an das Geschrei der Kleinkinder erinnern, die nach der 3. Runde nicht aus der Rakete oder dem Flugzeug aussteigen wollten? Mit „Gewalt“ wurden sie von dem ungeduldigen Vater oder der entnervten Mutter herausgeholt. Das eine oder andere Kind warf sich vor Trotz auf den Boden und das schöne Festkleid oder die Hose wurde schmutzig. Die Schiffschaukel faszinierte. Wie hoch konnte man sich in die Lüfte schwingen? Manch einer hatte mit Übelkeit zu kämpfen.
Die Schulkinder bevorzugten den Autoscooter. Hier ging es nicht immer friedlich zu. Kräftemessen war angesagt, ein Frontalzusammenstoß keine Seltenheit. Der große Bruder nahm den kleinen Bruder mit ins Fahrzeug. Bei den „Wettkämpfen“ bekam es das kleinere Geschwisterkind schon mit der Angst zu tun und war froh, nach einer aufregenden Runde wieder erleichtert aussteigen zu können.


Schießbuden und Losglück
Ach ja, da waren noch die Los- und Schießbuden. Man überlegte: „Vielleicht habe ich in diesem Jahr wieder das Losglück, wie im letzten und gewinne sogar einen Teddybären. Bei fünf Losen habe ich vielleicht mehr Glück, oder sind es wieder nur Nieten? Besser, ich kaufe gleich zehn Lose. Doch wieviel Geld bleibt noch übrig?“
An der Schießbude waren vor allem die Jungen zugange, neben denen die Madla standen und hofften, dass der junge „Verehrer“ ihnen einen Rosenstrauß aus Plastik abschießen werde; doch die Röhrchen zu treffen war nicht leicht.
Zur Stärkung gab es Limo und Bratwurst. Wer sparen wollte, kaufte sich kein Paar, sondern nur eine Wurst im Semmela mit doppelt Senf zum Ausgleich oben drauf. Unter den Süßigkeiten war die Zuckerwatte der Renner.


Vor 100 Jahren führten die Ehrengäste mit Frack und Zylinder den Festzug an.

Altenkunstadter Schüler als „Langheimer Mönche“ bei einem Festzug.


Hefenkloß und Pferdekutsche begleiteten den Festzug
Alle paar Jahre ein Jubiläumsfest war ein weiteres Highlight. Da gab es extra eine Festwiese. Der festdurchführende Verein bereitete das Fest monatelang vor. Für Regenwetter gab es ein Festzelt; aber wie wird die Festwiese einen starken Regen überstehen? Für den Festumzug hoffte man auf sonniges und trockenes Wetter.
Das ganze Dorf war auf den Beinen, alle Vereine beteiligten sich, die Patenvereine aus der Umgebung waren eingeladen. Die Lokalpolitiker durften den Festzug mit anführen, wovon das Mundartgedicht berichtet. In den Straßen wurden die Häuser mit Fähnchen und Blumen geschmückt. Aus den Fenstern und an der Straße wurden die Vorbeiziehenden beklatscht und ihnen wurde zugewunken. Der Hefenkloß, das Aldnkuuschde Wahrzeichen auf einem Ständer, durfte nicht fehlen. Der Autor erinnert sich, dass auf seinem Bauernhof der Festumzug ein zusätzliches besonderes Ereignis war: Der Vater begleitete mit der Pferdekutsche oder dem Wagen den Zug. Tage vorher mussten die Pferdegeschirre geputzt werden.

Text, Fotos und Repros Andreas Motschmann

 

 

 

Die Glann und die Grueßn
Bei an
Feueweeh-
ode an
Schüdznfäsd,

bei ane Vesammlung
ode ane
Kärwa

is es
imme
esälba:

Die Glann
machn
die Ärbed

und

die Grueße
gloddzn
ve die
Zeidung
raus.


Josef Motschmann

 

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