Heute noch umgibt die Altenkunstadter Wehrkirche eine meterhohe Sandsteinmauer. Foto: Andreas Motschmann

Altenkunstadt war der Willkür von Freund und Feind preisgegeben / Folgen waren viele Jahre danach noch spürbar

Eine Zeitreise von 400 Jahren bringt uns zum Dreißigjährigen Krieg. Im Jahre 1620 tobte der längste Krieg bereits zwei Jahre. Die Belagerungen der Städte Weismain und Kronach sind in unserer Region bekannt. Staffelstein blieb ebenfalls nicht verschont. Am 7. Februar 1633 fielen die Schweden ein, 113 Bürger wurden getötet. Wie erging es den Menschen abseits dieser Städte? Die Bürger im Pfarrdorf Altenkunstadt und in den kleinen Dörfern der Umgebung hatten genauso zu leiden. Der Konflikt, ein Glaubenskrieg zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union, war ebenfalls ein Kampf um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich zwischen dem Habsburger Kaiser und mehreren Landesfürsten im Inneren.


Altenkunstadt, samt umliegenden Dörfer ausspoliert
Bald nach Kriegsbeginn stiegen die Preise gewaltig. Das traf alle Menschen. Neun Jahre zuvor hatte es eine Teuerung gegeben. Die Pest hatte sich in Oberfranken verbreitet. In der ersten Hälfte des Krieges litten die Menschen durch harte Steuereintreibungen und Truppendurchmärsche. Das am Schnittpunkt zweier Altstraßen gelegene Altenkunstadt war als offener Ort bei allen Durchmärschen der Willkür von Freund und Feind preisgegeben. Rücksichtlos und bestialisch fielen die Heere ein. Für die Bevölkerung bedeutete es Plünderung, Mord, Vergewaltigung und Zerstörung. Viele fielen zudem Seuchen und Hungersnöten zum Opfer. So starben 400 Staffelsteiner an der Pest. In seiner Frankenchronik schreibt Pöhlmann, dass Altenkunstadt 1632 durch schwedische Reiter „spoliert,“ also ausgeplündert worden sei. Die Kronacher Chronik „Patriotismus Kronach“ schreibt dazu unter dem 10. Juni: „diß also Festo Corporis 1632: uffm Abendt seinst 4 Compagni Finnlender zu Fuß von Grub durch Gumelsdorff herab ins Läger marschieret, und hat diesen Tag des Feinds Reutery Burg- und Altenkunstadt, samt umliegenden Dörfer ausspoliert.“ An diesem Fronleichnamstag wurde auch in Mainroth die Pfarrkirche niedergebrannt. Ebenso werden der Pfarrhof und etliche Häuser in Altenkunstadt von den Schweden geplündert.

1633 zog Herzog Bernhard vor Weismain; Altenkunstadt hatte schwer zu leiden. Unter den Durchmärschen und Brandschatzungen der nachfolgenden Jahre litten die Ortschaften schwer. Soldaten quartierten sich ein, erpressten Proviant und Geld. Herr Wolf hat diese und weitere Ereignisse in einem Aufsatz in den Heimatblättern des Lichtenfelser Tagblattes im Jahr 1953 beschrieben.


Dank-Prozession in Weismain
Für den Abzug der schwedischen Soldaten am 15. August 1634 danken die Weismainer schon seit 386 Jahren, so auch im vergangenen August, mit der Prozession durch die Jurastadt; die Schweden hatten Angst, Not und Schrecken verbreitet. 1641 haben die Schweden wieder Weismain blockiert und eingeschlossen. Obrist Graf zu Wittgenstein richtet von seinem Hauptquartier in Altenkunstadt an den Bürgermeister und Rat zu Weismain eine drohende Aufforderung, die Tore zu öffnen. Manche Altenkunstadter hatten hinter den Weismainer Mauern Schutz gesucht. Bei dieser Belagerung hatten die Altenkunstadter die Auswirkungen des Quartiers und die Willkür der Soldaten zu spüren bekommen: Abgabe von Haustieren und Lebensmittel an die Soldaten, Plünderungen und Zerstörung von Haus und Hof. Die Einwohner des Pfarrdorfers waren dem schutzlos ausgeliefert. Es gab im Gegensatz zu anderen kleinen Städten keine Schutzmauer. Nur um die Wehrkirche befand sich eine meterhohe Sandsteinmauer. Altenkunstadt hatte so wie Weismain, Isling, Görau, Geutenreuth, Motschenbach und Strößendorf erhebliche Schäden erlitten. Krankheits- und Seuchenwellen führen ab 1634 zu Massensterben, vor allem in Altenkunstadt, Baiersdorf, Woffendorf und Weismain.


Spätfolgen – „was noch an Veld öde liegt“
Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges waren lange zu spüren. Aus einem Steuerbericht vom 16. Oktober 1654: „alle bey dießen schwedischen Kriegsweeßen im Ambt Niesten abgebrannt gepäuten wieviel deren gegen voriger Zeit noch wüst und ungepaut Item was noch an Veld öde liegt, und was an Mannschaft abgehet.“
Für Altenkunstadt lautet der Eintrag: „die Kirche sambt Schul und Pfarrhaus, 1 Mahlmühl, 1 Schlagmühl, 25 Häuser und drei Stadel abgebrannt.“ Über zwei Drittel der Gebäude waren abgebrannt. 25 Männer waren umgekommen, erschlagen oder verschleppt. An Feldern lagen siebzehneinhalb Tagwerk öde. Der Wiederaufbau war schleppend. 4 Jahre nach dem Friedensabschluss erst wurden ein Haus und ein Stadel errichtet.


Langsame Erholung gegen Ende des 17. Jahrhunderts
Weismain erlitt gewaltige Verluste: Von 675 Einwohnern, die im Jahr 1630 dort gewohnt hatten, waren nach Kriegsende nur noch 375 am Leben; von einst 184 Häusern hatten nur 72 den Krieg überstanden, von 120 Scheunen nur drei. Die Bevölkerung im Amt Niesten war halbiert, die Wohnhäuser waren zur Hälfte zerstört. Bis zum Friedensjahr 1648 war die Bevölkerungszahl im gesamten Hochstift Bamberg um mehr als 40 Prozent zurückgegangen, in Dörfern des Coburger Lands teils gar um 70 bis 80 Prozent. Die dezimierte Bevölkerung war mit Lasten aller Art überhäuft. Das Ausmaß der seelischen Verwundungen der langen Kriegsjahre lässt sich heute nur erahnen. Die Region kämpfte noch lange Zeit mit den Folgen des Krieges. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde eine langsame Erholung spürbar.

Andreas Motschmann

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